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Die Aufzeichnung des Steins 1 und 2, 2024, Tusche und Bleistift auf Digitaldruck, Fotocollage auf Papier, Je 21 x 29.7 cm, gerahmt in 2 Rahmen, je 40 x 50 cm
Die Arbeit Die Aufzeichnung des Steines 1 und 2 zeigt eine Überkreuzung von Lebensraum, Träumen und Gedächtnisraum. Der erste Teil besteht aus einem Diagramm und einer Traumerzählung. In dem Diagramm Traum-Zeichnung, 05. Dezember, 2023 bezeichnet die obere horizontale Achse Orte im Wohnraum der Künstlerin. Die rechte vertikale Achse ist die Zeitachse des Tages. Die schwarzen Tuschepunkte weisen auf die Intensität hin, wie häufig der Künstlerin der Traum während bestimmter Tätigkeiten im Laufe des 5. Dezembers durch den Kopf ging.
Die Träume der Künstlerin ähneln stark den Szenen in ihrem Alltag, nur dass sich in den Träumen einige der Objekte verwandeln, z.B. von einem Tier in ein anderes Tier oder von einem Objekt in ein Tier. In einem Traum der Künstlerin am 5. Dezember 2023 erschienen, wie in der Traumerzählung beschrieben, ein Hund und ein Stein, welche einen Verwandlungsprozess erlebten. Dieser Traum kam der Künstlerin am nächsten Tag immer wieder in den Sinn: beim Lesen, beim Essen, bei der Arbeit usw. Die Erfahrung des Traums wird dabei vom imaginären in den realen Raum übertragen. Dabei sind folgende Fragen entstanden: Lohnt es sich, sich einen Traum wieder ins Gedächtnis zu rufen? Hat es Potenzial, ihn zu einer Erinnerung oder einem Erlebnis im Leben werden zu lassen?
Der zweite Teil der Arbeit zeigt ein Diagramm, in dem die Häufigkeit eines wiederauftauchenden Traums vom 28. Dezember dokumentiert ist: vom Zeitpunkt, als die Künstlerin zu ihrem Arbeitsplatz ging, bis sie wieder nach Hause zurückkehrte. Das Bild neben dem Diagramm gibt ein 3D-Modell einer Naturlandschaft im Nordosten Taiwans mit dem Namen „Elefantenrüssel-Felsen“ wieder. Während der Entstehung der Arbeit Die Aufzeichnung des Steines 1 und 2 ist ebendieser Elefantenrüssel-Felsen durch natürliche Verwitterung und Wellenerosionen zerbrochen. Um ihn in Erinnerungen zu bewahren, hat ein Oberschullehrer in Taiwan ein 3D-Modell davon gezeichnet und auf einer Internetseite veröffentlicht, damit die Menschen sich an die besondere Naturlandschaft erinnern und sie auch in Zukunft noch ansehen können.
Was passiert beim Anschauen des digital rekonstruierten Felsens mit Erinnerungen an den realen Ort? Ist es möglich, aus den beim Betrachten des Modells entstehenden Gedanken und aus den Erinnerungen an den realen Ort eine Synthese zu schaffen?
Das Material Stein in Tierform taucht in der Arbeit der Künstlerin zwei Mal auf: als Hund und als Elefant. In Märchen und Fabeln wird Stein häufig mit einem Lebewesen verknüpft, das eine Strafe bekommt und „versteinert“ wird. Der Zustand des Lebewesens steht so in der Zeit und auch zwischen Leben und Tod still.
Im öffentlichen Raum wird Stein bis heute für Erinnerungsobjekte genutzt, so etwa Grab- oder Denkmäler zur Erinnerung an ein vergängliches Ereignis oder an einen Menschen – um eine gemeinsame Geschichte festzuhalten.
Die Aufzeichnung des Steines 1 und 2 ist eine Erzählung. Ein Traum zeigt, wie ein Hund zu einem Stein wurde; zwei Diagramme berichten über das Wiederauftauchen von Träumen im Alltag der Künstlerin; ein Modell stellt einen Felsen in Form eines Elefantenrüssels dar, der nur noch in einem digitalen Modell existiert. Die Künstlerin nutzt den „Stein“ als den Träger ihrer Erzählung, er taucht in verschiedenen Versionen auf: in einem Traum und der Erinnerung daran, übertragen in den Lebensraum und als 3D-Modell.
(Chu Chun Hsu, 31.12.2023)
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